Zu schön um wahr zu sein
Den Schneid und Grips von Prestige und Memento mit den Budget letzten beiden Batman-Filme, schöner wirds nicht mehr, oder?
Da sitze ich jetzt und bin hin- und hergerissen... Etwas auch nur annähernd sinnvolles über Christopher Nolans Inception zu sagen ohne den Film komplett zu spoilern erscheint mir grad unmöglich. Also bitte nicht böse sein. Oder besser noch: Erst Film ansehen und dann Text markieren und weiterlesen.
M.M. nach lohnt es aber auf alle Fälle, da der Hype durchaus berechtigt ist und dies wohl der Film, über den man dies Jahr noch eine Weile sprechen wird und den man daher einfach gesehen haben sollte.
Also...
Der Film hat Schwächen, m.M. nach sogar einen ganzen Sack voll. Einige davon haben mich gestern Nacht komplett aus dem Film rausgerissen und regelrecht verärgert. Nachdem ich geschlafen habe, halte ich ihn doch für eine Art Meisterwerk. Was ist da los?
Schwach finde ich immer noch, das der Film ganz peinlich Dialogstellen über wahre Inspiration und reine Kreativität raushaut, die mir einfach die Fußnägel hochklappen lassen. Als Ausgleich gibt es praktisch keinen wirklich brillianten Dialog, außer einigen wenigen heist-typischen Gauner-Charme-Witzchen ist bei mir zumindest nichts hängengeblieben. Die Charaktere sind eindimensionaler als in Avatar und bleiben das den ganzen Film über (das wird bei den Filmfreunden ausführlich seziert. Das gesamte Design von Inception ist, wie bei Nolans Batman-Filmen auch, sehr erdig und stoisch nüchtern - was ich mittelmäßig enttäuschend finde wenn man bedenkt, das es um Traumwelten geht. Der (unsäglich schrecklichen, tiefsten) Limbus ist ein banaler Sandstrand. Und besonders was besagte, unsäglich kreative Traumarchitekten designen enttäuscht mich sehr. Cobb und sein Frau haben haben 50 Jahre lang an ihrem Traum gebaut und es ist eine generische Wolkenkratzerstadt die aussieht wie in 15 Minuten in Photoshop zusammengestempelt? Hallo? Wie einfältig und boring sind die beiden Charaktere? Das fand ich unglaubwürdig und lame.
Die gesamte Soundkulisse dagegen ist ebenso aufwändig wie nervig. Die letzten 50 Minuten wird (gefühlt) ununterbrochen gehupt und getrötet, um die Szenen mit Dramatik aufzuladen, vgl. youTube-Trailer unten. Unglaublich schade, das das Kamerabild alleine einfach nicht in der Lage ist, die Dynamik und Dramatik des Geschehens einzufangen und zu vermitteln - trotz aller Effekte. Diese bieten einiges an Schauwert und Tricks die ich so noch nicht gesehen habe. Die bildgewaltigen Szenen wirken aber weder auf die Kinozuschauer noch auf die Filmcharaktere, weil sie einfach keine Beziehung zur Filmandlung aufnehmen wollen. Kleines Beispiel: Die minutenlange Schwerelosigkeit fand ich enorm gut getrickst, gleichzeitig war sie für den Film völlig bedeutungslos. Sie war nicht mal ein echt problematisches Hindernis für die Protagonisten sondern eher eine leichte Unangenehmlichkeit wie ein verlorener Schuh oder sowas. Das fand ich einfach verschenkt.
Noch schlimmer: Architektin Ariadne (Ellen Page) dann den (Traum-)Raum krümmen und verbiegt zur Demonstration mal eben das lebendige Paris in Echtzeit. Wie unglaublich cool und wie unglaublich, das der Film aus dieser Prämisse nichts entwickelt und es nie wieder thematisiert, das jemand notfalls die Naturgesetze ändern kann und welche Konsewuenzen das haben kann. Das gleiche gilt für die körpereigene Abwehrreaktion. Der Angriff der Projektionen wird ausführlich erklärt und im Expose demonstriert um dann nie (auch nur beinahe) einzutreten.
Insgesamt hat der Film eine clevere Prämisse und viele schlaue Ideen, die er aber ständig dazu nutzt, sich das Leben leicht zu machen anstatt sie zu auszuspielen und ganz neue Kinomomente zu schaffen - und das wäre für mich durchaus drin gewesen. Der Film zeigt Potential sein, wenn er immer wieder auf faszinierende Gedanken und Möglichkeiten stößt. Nur um dann auch immer wieder schnell zu gewöhnlichen Handlungen und Schemata zurückzukehren. Was den ersten Matrix von einem Genre-Film zu einem Klassiker gemacht hat wird sich bei Inception einfach nicht getraut. Oder?
Zum Schluß gibt es dann ein Ende, wie es an Kitschigkeit und Einfältigkeit mainstreamiger nicht sein könnte und das bis zum letzten Schnitt ausgekostet wird. Eben.
So weit so enttäuschend verschenkt, über den eigentlichen Film hinaus finde ich es dann aber schlagartig aufregend. Genau das seifige Ende ist wohl der beste Hinweis darauf, das ich das Konzept des Films auch etwas weiter fassen darf. Im Chud-Artikel sind fein säuberlich Hinweise zusammengetragen für die Leseart, das der gesamte Film nur ein Traum von Cobb ist. Zusammen mit Nolans wohl auf Presseerklärungen massiv vorgetragenen autobiografischen Deutungsvorschlägen und den Referenzen auf Fellinis 8½ klingt das ganz plausibel, aber ist das gut? Die blassen Filmcharaktere sind eben nur Projektionen on Cobb und können daher keine Tiefe haben. Die unlogischen Ereignislöcher in der Haupthandlung liegen dann natürlich daran, das diese auch in einem labyrinthischen Architekturmodell (a.k.a. Computerspiellevel) stattfindet. Ist das ganze Gehupe und repetitive Getöne die Aufwachmusik von Cobb, also das was Edith Piafs „Je ne regret rien“ in den tieferen Traumebenen ist? Hat Nolan Elemente in seinem Film absichtlich schlecht geschrieben/gefilmt/produziert um diese Deutung zu ermöglichen? Der Gedanke treibt mich schon den ganzen Tag um und gefällt mir immer besser. Ich fände es extrem mutig, es bewußt in Kauf zu nehmen, dem Zuschauer den Filmgenuß zu verleiden, bei mir hat es ja gut funktioniert. Und gleichzeitig die Metaebene des Films eben nicht unmißverständlich im Film selbst runterzuerklären sondern den Zuschauer damit allein zu lassen! (Vielleicht abgesehen von Filmende, das für mich in seiner einfältigen cheesyness schon ziemlich eindeutig zweideutig ist)
Wenn etwas zu schön ist um wahr zu sein ist es das ja meist auch. Und dann gab es da ja gestern Nacht noch diesen Fehler, bei dem ich mir wirklich nicht ganz sicher bin, ob es der Film war oder die Cinemaxx-Projektion... Da sitze ich jetzt und will den Film gleich nochmal gucken.
4 Kommentare:
Ein Traum von einem Film.
Fand den Film platt. Er ließ das ganze Potential, welches in dem Thema steckt, vollkommen unangetast. Der aufmerksame Zuschauer wird mit Einzelheiten konfrontiert, die für den Verlauf des Films keinerlei Bedeutung mehr haben. Bei dieser Rahmenhandlung und Inhalt hätten dem Film 90 Minuten Spieldauer besser gestanden, als die zweieinhalb Stunden, trotzdessen es teilweise recht kurzweilig weil jamesbondig war.
Das fügt jetzt hier wirklich nichts gewinnbringendes hinzu, aber ich fand den Film auch so schlecht, dass es mich vor Ärger fast aus dem Kinositz gerissen hätte. Selbst beim Abspann fing ich schon an zu motzen. Das tue ich normalerweise nie! Was ist denn da nur los im Kino? Mann, mann, mann....
Och Frl. Mezzadore. Soooo schlimm?! (:
Mir hat's Spaß gemacht.
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